Erörterungstermin: Bericht vom 25.11.2005
Fluglärm macht krank und stört - Privateinwender gegen Fraport
Von: @cf <2005-11-25>

Am Freitag, den 25.11.2005, standen die Punkte 5.1.2, Fluglärm: Ermittlungsgrundlagen, und 5.1.3., konkrete Lärmimmisionen in bestimmten Orten, auf der Tagesordnung. Vormittags ging es um kommunale Betroffenheiten, vor allem in Neu-Isenburg. Am Nachmittag kamen die Privateinwender zu Wort, die verschiedene interessante Themen zur Sprache brachten. Die Lärmmediziner von Fraport waren nicht mehr da.

Der Bericht vom Vormittag beruht auf einem kommunalen Protokoll (wir danken für die ausführlichen Aufzeichnungen!), der Bericht vom "Einwendernachmittag" auf eigenen Aufzeichnungen.

Eine Vetreterin des Kreises Groß-Gerau bemängelte, dass Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder zwischen 0 und 3 Jahren in den Gutachten nicht berücksichtigt würden. Besonders bei Kleinstkindern würden Kommunikationsstörungen auftreten. Sie bedauerte, dass die Fraport-Gutachter nicht mehr anwesend seien, sie hätte noch Fragen an sie.

Eine Einwenderin aus Neu-Isenburg, die im Elternbeirat des Goetheschule ist, sagte, 86,8% der Eltern hätten sich gegen den Ausbau ausgesprochen. Sie schilderte die extreme Lärmbelastung im Schulgebäude, das in der Einflugschneise liege, und forderte Lärmmessungen im Gebäude. Sie fragte, ob die besonders schlechten Mathematik-Prüfungsergebnisse der Schüler im Kreis Offenbach etwas mit mangelnder Konzentration durch den Fluglärm zu tun haben könnten. Herr Amann zeigte keinerlei kein Verständnis: die Goetheschule liege nicht in der Einflugschneise, gemessen werde immer draußen. Die Schule falle nicht in den lärmsensiblen Bereich. Ein Vertreter der Stadt Neu-Isenburg sagte dazu, Einflugschneise müsste nicht Anfluggrundlinie heissen, die Menschen in Neu-Isenburg hätten den Eindruck, dass die Flugzeuge über die Stadt fliegen, auch wenn die genaue Linie etwas nördlicher liege. In Neu-Isenburg sei es an vielen Stellen lauter als nach den Berechnungen, das hätten Messungen ergeben. Die Einwenderin verwies auf den volkswirtschaftlichen Schaden, der durch das Versagen der Schüler entstehe. Das RP sagte zu, diese Aspekte zu prüfen.

Ein Einwender aus Eddersheim beschwerte sich über die niedrigen Überflüge (250-300 m) über seinem Haus, schon der IST-Zustand sei unerträglich. Er forderte den Aufkauf des Hauses durch Fraport. unbewohnbar. Fraport bestritt diese Tatsache nicht, der Lärm in Eddersheim würde bei einem Ausbau aber geringer werden.

Bedrohungsgefühl durch niedrige Überflüge - gibt's nicht!

Rechtsanwalt Fislake verwies auf einen Bericht der FAZ vom heutigen Tag, in dem über die Erhöhung des Herzinfarkt-Risikos durch Lärm berichtet wird, der in einer Studie an der Berliner Charité festgestellt wurde. Fraport leugne die Realität. Im Gewerbegebiet Taubengrund würde der Lärm so hoch, dass man dort nicht mehr arbeiten könne. Fislake machte auf die negative psychologische Wirkung von niedrigen Überflügen aufmerksam (Bedrohungsgefühl, Erschrecken durch Verschattung). Diese Wirkungen würden in den Gutachten nicht berücksichtigt. Er stellte den Antrag, diese Wirkungen in einem neuen lärmmedizinischen Gutachten zu ermitteln.

Fislake beschwerte sich über die Antworten von Fraport. Herr Amann sage heute, Tatsachen würden nicht bestritten, gestern habe er gesagt, er "bestreite alles, was von da unten kommt". Er ermahnte Fraport. die Erörterung ernst zu nehmen, die Protokolle würden bei Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht herangezogen. Die Aussagen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zeigten keinerlei Respekt oder Bereitschaft zum Zuhören. Es sei kein Wunder, wenn die Bürger Fraport nicht mehr glaubten. Herr Amann antwortete, in Bezug auf psychische Erkrankungen durch die Überflüge gebe es keine Erkenntnisse. Die Aussagen zur Angst seien für Fraport nicht nachvollziehbar. "Väter und Kinder fahren zum Flughafen, um die Flugzeuge aus der Nähe anzuschauen." Eine Simulation habe gezeigt, dass die Gepäckwagen am Flughafen lauter seien als die Flugzeuge. Mit dieser Aussage bestätigte Amann die vorhergehenden Vorwürfe von Rechtsanwalt Fislake, der sich daraufhin sehr heftig aufregte. Selbst Sitzungsleiter Hoepfner meinte wohl, es sei etwas zu viel: "Es ist schon ein Unterschied, ob man mal hinfährt oder es täglich erlebt". Fislake versprach, auf die Überflughöhen im Taubengrund von 60m wieder zu sprechen zu kommen.

Fluglärm in Rumpenheim

Rechtanwältin Philipp-Gerlach trug die Betroffenheit von Mandanten aus Rumpenheim vor. Rumpenheim sei in Lärmkarten der Gutachten gar nicht berücksichtigt, weil der Dauerschallpegel unter 50 dB(A) liege. Die Unterlagen seien unzureichend, die Lärmwerte würden "kleingerechnet". Sie fragte nach der Lärmzunahme durch den Ausbau und auf Eindrehvorgänge. Fraport meinte dazu, unter 50 dB(A) sei Fluglärm nicht relevant. Der Lärmexperte der Fraport sagte, es könnten auch Flüge aus Süden auf der Nordwestbahn landen, das sei aber nicht die Regel. Eine Eindrehspur für die Nordwestbahn liege möglicherweise über Rumpenheim. Methodische Gründe seien für das Fehlen der Werte unter 50 dB(A) verantwortlich. Ein Vertreter der HLUG sagte dazu, nach seinen Rechnungen komme es für Rumpenheim durch den Ausbau zu einer Lärmerhöhung von jetzt 39 dB(A) auf 44-45 dB(A). Philipp-Gerlach forderte Festlegungen für Fraport, dass es in Rumpenheim nicht zu einer Lärmzunahme kommt, und dass die schutzbedürftigen Personen ermittelt werden und entsprechend geschützt werden müssten (auch außerhalb von speziellen Einrichtungen). Fraport meinte, die Maßnahmen seien durch Gutachten G12.2 definiert, wie würden nicht an speziellen personengruppen festgemacht.

Eine Einwenderin aus Darmstadt sagte, die Schwellenwerte würden zu wenig berücksichtigt. Sie würden nur als langfristiges Ziel unter Vorsorgegesichtspunkten zählen, das sei zu wenig. Es gebe keine Bemühungen, den Lärm in der Region zu vermindern, die region würde als Ballungsraum abgetan, in dem es eben laut sei. Störungen des Aufenthaltes im Freien würden nicht gewürdigt. Sie verlangte die Daten für die Prognoseberechnung.

Bürgernachmittag

Zu Beginn des Bürgernachmittags verkündete das RP eine Redezeitbeschränkung auf 20 Minuten, Zwischenfragen würden nicht mehr zugelassen. Fraport sagte, man habe ein Programm, mit denen man die Lärmbelastung an jeder Wohnadresse zeigen könne [allerdings nach der Sigma-Regelung berechnet, nicht nach der 100:100-Regel].

DIN 4109 - Bauherren müssen für Schallschutz sorgen

Ein Einwender aus Darmstadt, der Architekt ist, wies auf die DIN 4109 "Schallschutz im Hochbau" hin, die in einem Erlass der Hessischen Landesregierung vom 08.11.1999 1999 Hessen als verpflichtend erklärt wurde. Sie zwingt Bauherren bei Überschreitung bestimmter Lärmwerte zu Schallschutzmaßnahmen (auf eigene Kosten!), bei Außenlärm gilt hier 61 dB(A). Man werde als Bauherr neben der Belastung durch Kosten auch in seinen bautechnischen Möglichkeiten eingeschränkt, z.B. könne man keine großen Fensterfronten nach Süden bauen. Der Einwender ärgerte sich darüber, dass ihm diese Kosten aufgebrummt werden, nur weil ein Privatunternehmen wie Fraport über seinen Kopf hinwegfliegen wolle. In der Präambel stehe, dass die Norm die Bevölkerung vor Gesundheitsschäden durch Lärm schützen soll. Daraus schloss der Einwender, bei 61 dB(A) drohten gesundheitsschäden. Weiterhin wies er auf das jüngste Urteil des VGH Kassel zu Siedlungsbeschränkungen in Darmstadt hin. Das Bauverbot sei erlassen worden, um die Bevölkerung im betroffenen Gebiet vor Gesundheitsschäden zu schützen. Wer schon dort wohne, dürfe aber bleiben, dies sei sehr merkwürdig. Fraport meinte dazu, der Erlass des Landes Hessen sei nicht Sache von Fraport, man müsse sich bei der Landesregierung beschweren. Gesundheitsschäden seien im Umfeld des Flughafens nicht zu befürchten. Das Urteil des VGH Kassel bedeute nicht, dass bei 60 oder 62 dB(A) Gesundheitsschäden zu erwarten seien. Siedlungsbeschränkungen dienten dazu, das Heranrücken der Wohnbebauung an den Flughafen zu verhindern. Hier aber ginge es um die individuelle Betroffenheit durch das Fraport-Vorhaben. Das RP meinte, die DIN 4109 sei von der Planfeststellungsbehörde zu berücksichtigen, weitere Diskussion mache keinen Sinn.

Fragen aus Kelsterbach

Ein Einwender aus Kelsterbach fragte, warum die Landebahn 2-4 Meter erhöht im Gelände liegen müsse, dies gebe mehr Bodenlärm. Der verbleibende Restwald könnte seine Lärmschutzfunktion nicht mehr ausüben. Weiterhin sagte er zum Umspannwerk, dass gerade verlegt wird, ein völliger Neubau sei nach Aussage eines Mitarbeiters des Werkes wegen Renovierung nicht erforderlich. Der Umbau geschehe also nur wegen des geplanten Ausbaus, obwohl das Ausbauverfahren noch nicht entschieden sei (das alte Umspannwerk war der geplanten Landebahn im Wege). Hier würden Millionen des Steuerzahlers zum Fenster hinausgeworfen. Fraport sagte dazu, die Landebahn müsse wegen der topografischen Situation und dem notwendigen Anschluss an die Flugzeugbrücken über die Autobahn erhöht liegen. Der Wald habe immer noch eine Schallschutzfunktion, und "wenn es über die Grenze kommt, gibt es eben Schallschutz". Die Verlegung des Umspannwerkes habe nichts mit dem Ausbau zu tun, der Zeitpunkt falle vielleicht mit dem Ausbau zusammen, aber RWE habe sowieso umbauen wollen.

Danach fragte der Einwender nach einem bestimmten Haus in der Flughafenstraße, dass nur 50 Meter neben der geplanten Landebahn liege, was Fraport hier vorschlage? Weiterhin wollte er wissen, was mit dem Geld aus den erhöhten Landegebühren für laute Flugzeuge geschieht, das Fraport einnimmt. Dieses Geld solle für die Betroffenen zur Verfügung gestellt werden. Fraport sagte dazu, die Gebühren für laute Flugzeuge seien erhöht worden, die leisen aber zahlten dafür weniger, sodass unter dem Strich nicht mehr Geld eingenommen würde. Der Einwender blieb dabei, je mehr laute Flugzeuge nachts starten oder landen würden, desto mehr Geld würde Fraport auf Kosten der Gesundheit der Betroffenen verdienen. Für das angesprochene Haus zeigte Fraport mit Hilfe eines Programms, das die Lärmwerte (allerdings nach Fraport-Methode gerechnet) für jeden Punkt der Region darstellen kann, einen Dauerschallpegel von 65 dB(A) und nachts 10 x 75 dB(A). Herr Amann: "Mit Schallschutz kann man da noch wohnen."

Eine weitere Frage war nach dem Lärm durch Triebwerksprobeläufe und nach dem Einsatz von Schleppern für Flugzeuge. Fraport sagte dazu, die Flugzeuge würden geschleppt, wo es ginge (z.B. zur Werkstatt). Über die Autobahnbrücken könne man nicht schleppen: "Wenn wir das tun müssten, wäre es sinnvoller, die Bahn gar nicht erst zu bauen." (Beifall der Einwender). Für die Triebwerksprobeläufe nannte Fraport folgende Werte: Zeppelinheim gemessen 45 dB(A), berechnet 57-63 dB(A); Kelsterbach gemessen 57 dB(A), berechnet 62 dB(A); Mörfelden-Walldorf gemessen 54 dB(A), berechnet 60-62 dB(A). Zum Nachbarschaftsvertrag zwischen Fraport und Kelsterbach verwies das RP auf den entsprechenden Tagesordnungspunkt. Zum Öffnen der bestehenden Lärmschutzwand wegen der Flugzeugbrücken sagte Fraport, wenn man jetzt die Erlaubnis bekäme, außerhalb der Lärmschutzmauer zu bauen, sei der Nachbarschaftsvertrag hinfällig und die Lücke in der Mauer spiele keine Rolle mehr. Auf die Frage, ob auf der neuen Bahn beim Landen mit Gegenschub gebremst werden soll (was Lärm verursacht), antwortete Fraport, nachts sei die Schubumkehr nur aus Sicherheitsgründen zulässig (z.B. bei Glatteis). Tagsüber werde auch nur mit Leerlaufschub oder geringer Leistung gebremst, falls nötig. Der Endanflug sei allerdings lauter, die Berechnungen würden die Lärmwerte eher überschätzen. Herr Anton, ehemaliger Lufthansa-Pilot, bestätigte die genannte Nutzung des Umkehrschubs für die Lufthansa. Generell komme voller Umkehrschub nur selten vor.

Dr. Rahn: Risiko lärmassoziierter Erkrankungen

Als nächstes trug der Frankfurter Mediziner Dr. Rahn zum Thema "Risiko durch lärmassoziierte Erkrankungen" vor. Zu Beginn kritisierte er die Äußerung von Fraport, es gäbe keine Gesundheitsgefahren durch den Fluglärm: "Da war Ihr diagnostischer Blick wohl durch die Schallschutzmauer verstellt". Danach widerlegte er die am Freitag von Prof. Jansen geäußerte Kritik an der NAROMI-Studie, es seien nur Männer untersucht worden, die mehr als 10 Jahre nicht umgezogen seien. Auch hier lebten etwa 50% Männer und 40% würden auch schon mehr als 10 Jahre hier wohnen. Rahn betrachtete dann das Gutachten G16.4, wo es um das Absturzrisiko geht - die Aussagen dort könne man durchaus auf das Gesundheitsrisiko übertragen. Rahn zitierte eine Aussage aus dem Gutachten, nach der es für das Einzelrisiko eine absolute Grenze geben müsse. Bei dieser Grenze sei die Gefährdung für die betroffene Person so groß, dass sie sich auch mit einem noch so großen Nutzen für die Allgemeinheit nicht mehr rechtfertigen ließe. Dieser Grenzwert dürfe nicht Gegenstand einer Abwägung sein. In Deutschland gebe es einen solchen Grenzwert zwar nicht. Im Gutachten würden aber zumutbare Werte für das Einzelrisiko von 1 x 10-5 und 3 x 10-5 erwähnt (diese Werte stammen von der Bahn AG bzw. den Flughäfen London oder Amsterdam).

Rahn rechnete danach vor, dass nach den Ergebnissen der neuen Studien eine Person, die durch den Ausbau von einem Bereich mit 50-55 dB(A) in einen Bereich von 55-60 dB(A) kommt, ein um 10% erhöhtes Risiko für Herzinfarkt hat. Das ergibt ein individuelles Risiko von 15 x 10-5 für die Gesamtbevölkerung und 22 x 15 x 10-5 für Männer. Diese Werte sind 15-22 mal so hoch wie die im Gutachten G16 als zulässig angesehenen Werte für das Absturzrisiko. Über das kollektive Risiko sei gar nichts in den Planfeststellungsunterlagen zu finden, man könne aber einen Wert von 20-25 zusätzlichen Todesfällen pro Jahr schätzen - auch das viel zu viel, denn beim Absturzrisiko gelte als maximales kollektives Risiko 10-1.

Halte man das "erlaubte" Absturzrisiko auch für mögliche Gesundheitsschäden ein, müsste Schallschutz für vielleicht 500 000 Menschen bezahlt werden, das könne das Vorhaben wirtschaftlich unattraktiv machen. Rahn forderte die Berechnung des individuellen und kollektiven Risikos für alle lärmassoziierten Erkrankungen durch den Ausbau und eine Abschätzung der entstehenden Kosten. Details und Karten finden Sie im Original der Präsentation.

Viel Fluglärm in Mainz

Ein Einwender aus Mainz beschwerte sich über den Fluglärm in Mainz-Lerchenberg. Zum Beweis seiner Beschwerden zeigte er Fluglärmkurven bei Ostwind (DFLD-Messstation) und die zugehörigen Radarspuren. Die Kernstadt von Mainz (Altstadt) sei zwar von Überflügen weitgehend verschont, aber große Teile der Mainzer Vororte seien vom Fluglärm betroffen. Zum Vergleich zeigte er eine Lärmkurve von Raunheim (Opelbrücke), die Messwerte waren nicht sehr unterschiedlich. Ein einzelner Flug wurde gezeigt, der trotz großer Höhe mit einem Spitzenpegel von über 80 dB(A) gemessen wurde. Fraport meinte dazu, man könne sich derartig hohe Lärmwerte in Lerchenberg nicht vorstellen, das Fraport-Berechnungsprogramm zeigte keine nennenswerte Belastung. Als möglichen Grund nannte Fraport, die Eindrehbereiche seien im Programm nicht berücksichtigt [und es wird dort auch mit der Sigma-Regelung gerechnet, was Fraport an diesem Nachmittag aber nicht explizit erwähnte]. Der Einwender bot Fraport an, eine offizielle Messstation in seinem Garten aufzubauen. Er beantragte eine Neubewertung der Lärmbelastung unter Berücksichtigung aktueller medizinischer Forschungsergebnisse, der technisch möglichen Kapazität (z.B. 900.000 Bewegungen), der Gegenanflüge und Eindrehvorgänge, sowie der maximal möglichen negativen Auswirkung der Freiheit, An- und Abflugrouten nach Bedarf (Sicherheit, Kapazität, Flüssigkeit) festzulegen, ebenso wie die 100/100 Regelung. Nach der gegenwärtigen Rechtslage könne der Flughafen die technische Maximalkapazität ausreizen und die Flugrouten könnten jederzeit geändert werden.

A380: Wirbelschleppen bestätigt

Ein Vertreter des Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD) wies darauf hin, dass die bei der Landung des A380 in Frankfurt vom DFLD beobachteten Wirbelschleppen jetzt offiziell seien. Die ICAO habe (zumindest vorläufig) einen großen Abstand zum A380 festgelegt. Betroffen seien nicht nur Landung und Start, sondern auch die Reiseflughöhe. Da die Wirbelschleppen bis zu 600m nach unten sinken könnten, müsste man auch mindestens 600m vertikalen Abstand zum A380 halten. Heute üblich sind 300m. "Der A380 könnte das ganze Gefüge des Luftraums durcheinanderwirbeln", meinte der Einwender. Er nannte außerdem neue Messwerte von einer Schule in Offenbach. Bei Starts seien mehr als 80 dB(A), bei Landungen 65 dB(A) gemessen worden.

"Fluglärm ist Folter"

Ein weiterer Einwender aus Mainz beschwerte sich über den Fluglärm am Lerchenberg: "Auch westlich des Rheins wohnen Menschen, dort ist nicht die Sahara". Um 5 Uhr morgens beginne die totale Verlärmung. Der Lerchenberg sei viele Jahre lang ein ruhiges Wohngebiet für 8000 Menschen gewesen. Er sei habe sein Haus 1971 gebaut, damals sei der Flughafen weit weg gewesen: "Ich bin nicht an den Flughafen gezogen". Fraport verlärme große Bereichen, jeder normale Industriebetrieb, der solchen Lärm mache, würde sofort geschlossen werden. Er könne aus persönlichen Gründen nicht wegziehen, obwohl er es gern tun würde, ihm bleibe nur in den Keller zu gehen um den Fluglärm nicht mehr zu hören. "Fluglärm ist Folter", meinte der Einwender. "Fraport darf zigtausende Menschen foltern, nicht absichtlich, aber man nimmt die Folter wissentlich und billigend in Kauf - wo bleibt denn da der Staatsanwalt? Fraport plädiert dafür, Menschen in Käfigen zu halten, mit stets geschlossenen Fenstern und Belüftung. In einem Industriebetrieb mag das gehen, zu Hause ist das Folter".

Durch die neue Einflugschneise der geplanten Landebahn werde der Lerchenberg völlig vom Lärm eingekreist. Der Einwender fühlte sich in seinen Grundrechten eingeschränkt. Auch wenn der Lerchenberg nur an 30 Prozent der Tage überflogen werde: er wolle auf diese 30 Prozent seines Lebens nicht verzichten. Fraport solle für alle Wertminderungen, auch für die Minderung der Lebensqualität, in Regress genommen werden. Danach beantragte er, die Erörterung abzubrechen, weil alle zuständigen Gremien befangen seien: "Über dem RP steht Koch". Und: "In diesem Staat hat die Fraport Narrenfreiheit".

CDA-Verfahren einführen

Ein Einwender aus Linsengericht beschwerte sich, er sei extra nach Linsengericht gezogen, um ländliche Ruhe zu haben. An Fluglärm habe er dabei nicht gedacht, schließlich sei Linsengericht 50 km vom Flughafen entfernt. Doch selbst hier gebe es noch Einzelschallpegel über 80 dB(A). Dies käme daher, dass die Flugzeuge in über 60 km Entfernung vom Flughafen auf die Endanfluglinie eindrehen und dann in 1000 m Höhe zum Flughafen zurückfliegen würden. Für die Ortschaften auf den Höhen sei die Höhe teilweise noch geringer. Die DFS verweigere die Einführung des lärmreduzierenden CDA-Verfahrens auch am Tag wegen angeblicher Beeinträchtigung der Kapazität. In London-Heathrow würden aber die allermeisten Anflüge mit CDA gemacht, bei ähnlicher Flugbewegungszahl wie in Frankfurt. Die Interessen der schutzbedürftigen Bevölkerung würden den Interessen von Fraport untergeordnet. Der Einwender beantragte die verbindliche Einführung des CDA-Anflugverfahrens.

Ein Einwender aus Flörsheim, der schon am letzten Freitag lange gesprochen hatte, trug erneut einige Einwände vor. Er kritisierte das CASA-Programm. Bei einer möglichen Abweichung vom 100 Metern von der Anfluglinie sei es nicht gerecht, ihm wegen 25 fehlenden Zentimetern die höhere Entschädigung zu verweigern. Trotz hoher privater Investitionen sei es ihm nicht gelungen, den Fluglärm in seinem Haus wirksam einzudämmen - der Schallschutzkäfig funktioniere nicht. Er beschwerte sich über die Redezeitbegrenzung. Der Einwender stellte vier Anträge: wegen Verletzung des Grundgesetzes (Recht auf körperliche Unversehrtheit) den Ausbau zu unterlassen, ersatzweise den Gesamtlärm auf 55 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts zu beschränken. Fraport solle die Kosten für das gesamte Verfahren übernehmen, auch die Fahrtkosten der Einwender. Die Erörterung solle unterbrochen werden, bis alle unvollständigen Gutachten vervollständigt und geprüft und alle offenen Fragen geklärt seien. Die Redezeit für die Privat-Einwender solle auf den ganzen Freitag ausgeweitet werden.

Eine Einwenderin aus Offenbach berichtete aus ihrer pädagogischen Praxis, Kinder seien zwar öfter einmal selbst laut, brauchten aber auch Zeiten der Ruhe. Kinder seien besonders sensibel und müssten daher vor Lärm besonders geschützt werden. Die nötige Erfahrung der Ruhe würde es nach dem Ausbau an keiner Stelle in Offenbach mehr geben. Die Einwenderin zitierte die "Münchner Studie" zur Wirkung von Lärm auf Kinder, die nach dem Umzug des Münchner Flughafens erstellt wurde.Das RP kannte diese Studie nicht, wolte sie aber ins Verfahren einbeziehen.

Hinweis: Wegen der neuen Redezeitbeschränkung von 15 Minuten war die Rednerliste an diesem Tag bis zum Abend geöffnet, es wurde ein größerer Teil der Liste abgearbeitet als sonst. Das RP greift zur Zeit wieder einmal durch: keine Zwischenfragen erlaubt, bei jedem Zwischenruf gab es Ermahnungen. So will man offenbar das Problem mit der zu knappen für Privateinwender vorgesehenen Zeit klarkommen. Erörterungsleiter Gaentzsch war an diesem Tag nicht anwesend. Der Inhalt der vorgebrachten Einwendungen blieb mehrheitlich unkommentiert.

Ein Einwender aus Mainz forderte, Planteil A2 Anhang 1 "Maßnahmenkonzept zu Geräuscheinwirkungen" für ungültig zu erklären. Das Konzept beruhe auf einem Gutachten von Jansen, Spreng, und Griefahn. Diese Gutachter seien befangen. Sie hätten in einem anderen Gutachten für das Bundesumweltministerium ("Fluglärm 2004") andere, kritischere Aussagen gemacht als in diesem Verfahren. Die Argumente können Sie im Detail hier nachlesen:

Sprüche des Tages:

  • "Da war Ihr diagnostischer Blick wohl durch die Schallschutzmauer verstellt."
    Dr Rahn zur Aussage von Fraport, es gebe hier keine Gesundheitsgefahren durch Fluglärm
  • "Auch westlich des Rheins wohnen Menschen, dort ist nicht die Sahara."
    Einwender aus Mainz
  • "In diesem Staat hat die Fraport Narrenfreiheit."
    Einwender aus Mainz über die Verflechtung von Landesregierung, Fraport und RP


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