Kritik an DLR-Studie zu Wirkungen des Nachtfluglärms
Ergebnisse könnten als Vorwand genommen werden, um geltende Lärmschutzstandards zu verschlechtern
Von: @cf <2004-12-21>
Heftige Kritik an der "DLR-Studie" zu den Auswirkungen des Nachtfluglärms wurde auf einer Fachtagung des BUND Rheinland-Pfalz geübt. Die Studie sei weder repräsentativ für die betroffene Bevölkerung, noch seien die angenommenen Aufweck-Wahrscheinlichkeiten korrekt, meinten Experten. Sollte die DLR-Studie als Maßstab genommen werden, könnte das sogar einen Rückfall hinter bestehende Lärmschutzstandards mit sich bringen.

Heftige Kritik an der "DLR-Studie" zur Auswirkung von Nachtfluglärm wurde auf der BUND-Veranstaltung "Junk Science oder seriöse Wissenschaft" geübt.

Die Studie STRAIN des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) nimmt für sich in Anspruch, die bisher größte und repräsentativste Forschungsarbeit über die Wirkung von nächtlichem Fluglärm auf den Schlaf zu sein. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Wirkungen des Fluglärms auf den Schlaf geringer seien als bisher angenommen. So sei lediglich eine"statistisch nicht signifikante Verkürzung der Schlafdauer um zwei Minuten festgestellt worden", wurde in den Medien berichtet. Außerdem behaupten die DLR-Wissenschaftler, eine exakte Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen nächtlichen Fluglärmereignissen und der Zahl der Aufwachreaktionen gefunden zu haben: "Die DLR-Wissenschaftler können nun für jeden Flughafen derWelt mit großer Sicherheit bestimmen, in welchen Zonen Flughafenanwohner nachts von Fluglärm keinmal, einmal, zweimal oder mehrmals aufwachen werden."

Der Epidemiologe Prof. Greiser sieht dagegen "schwerwiegende Defizite in Design und Durchführung" bei der DLR-Untersuchung. Aus seiner Sicht sind die Ergebnisse nicht repräsentativ und keineswegs auf die Bevölkerung übertragbar.

So wurden die Teilnehmer der Studie nicht zufällig ausgewählt, sondern hatten sich freiwillig gemeldet. Wichtige Personengruppen waren von der Teilnahme ausgeschlossen, z.B. Herz-Kreislauf-Kranke oder Menschen mit Schlafstörungen. Auch die große Gruppe der Nacht- und Schichtarbeiter wurden nicht untersucht, obwohl gerade diese Menschen einen besonders schwierigen Schlafrhythmus hätten. Greiser führte dazu aus, dass nach den Daten des "Gesundheitssurvey 1998" - einer repräsentativen Erhebung über den Gesundheitszustand der Bevölkerung in Deutschland - in der Altersgruppe von 45-64 Jahren fast 75% der Menschen durch die Auswahlkriterien von der Teilnahme ausgeschlossen waren!

Greiser berichtete, die Auswertung von Daten einer Krankenkasse in der stark von Nachtfluglärm belasteten Region Köln-Bonn habe ergeben, dass in fluglärmbelasteten Gebieten deutlich mehr Arzneimittel (z.B. gegen Bluthochdruck, Schlafstörungen und Depressionen) verordent wurden als in vergleichbaren ruhigen Gebiete. Dies sei ein Indiz für das verstärkte Auftreten von Krankheiten in lärmbelasteten Regionen. Greiser forderte die Durchführung einer großen epidemiologischen Studie, um den vermuteten Zusammenhang zwischen Lärmbelastung und dem Auftreten von Krankheiten zu untersuchen.

Der Mathematiker Manfred Neumann kritisierte "fehlerhafte Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung, unwissenschaftlichen mathematischen Aussagen und den allzu saloppem Umgang mit Daten" in Gutachten zur Fluglärmbelastung; anstelle der Offenlegung der Datengrundlage werde oft lediglich lapidar auf die "Erfahrung" des Gutachters verwiesen. An zwei Beispielen - dem sog,. Jansen-Kriterium und den neuesten Aussagen der DLR-Studie - stellte Neumann dar, wie mit Rechentricks versucht werde, tolerable Aufwach-Wahrscheinlichkeiten zu begründen. So habe die Aussage aus der DLR-Studie, dass es erst bei 17 Überflügen mit 60 dB(A) zu einer Aufwachreaktion komme, mit den Realitäten lärmgeplagter Flughafenanwohner nichts zu tun.

Referenten und der BUND äußerten die Befürchtung, dass die unhinterfragte Übernahme der Aussagen der DLR-Studie, z.B. bei Gerichtsverfahren oder bei der anstehenden Novellierung des Fluglärmgesetzes, einen Rückfall durchaus noch hinter die bisher gültigen Lärmschutzstandards bringen könnte. Der BUND Verkehrsexperte Dr. Werner Reh stellte als Alternative die Forderungen des BUND zur Verbesserung der Fluglärm-Situation vor.

Referate der Tagung:

Mehr zur DLR-Studie:

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Schlafstörung Aufwachschwelle (durch Lärm) Lärmwirkungs-Forschung Gesund­heits­gefah­ren durch (Flug-)Lärm Störung des Nachtschlafs Lärm und Gesundheit

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