Keine Passagierflüge am Flughafen Lahr - Landesregierung lehnt Antrag ab
Eine Geschichte, wo alles etwas anders ist als in Frankfurt
Von: @-<[ @ufgeflogen ]>- <2004-03-31>

Kann man sich das vorstellen - eine Landesregierung lehnt die beantragten Ausweitung des Flugbetriebs an einem Flughafen ab, weil kein Bedarf besteht? Obwohl nicht einmal eine neue Bahn gebaut werden muss und ein privater Investor alles bezahlen will? Kaum vorstellbar. Denn überall in Deutschland sollen nach dem Willen der Politiker große und kleine Flughäfen ausgebaut, Provinzflughäfen aufgewertet werden.

Nur einer nicht - der "Black Forest Airport" in Lahr. Die Landesregierung von Baden-Würtemberg will dem Flughafen die beantragte Passagierfluglizenz verweigern. Nun will die Flughafengesellschaft das Land deswegen verklagen.

Der Flughafen Lahr gehört der Londoner Gesellschaft Plane Station Group, die weltweit einige Regionalflughäfen betreibt. Bisher sind in Lahr nur Frachtflüge zugelassen. Im Dezember 2002 hatte die Gesellschaft zusätzlich einen Antrag für Passagierflüge gestellt, der in einem Verfahren beim Regierungspräsidium Freiburg entschieden werden muss. Die Landesregierung will jedoch Passagierflüge nicht zulassen. Das Kabinett verabschiedete - mit der Stimme des Wirtschaftsministers - eine Stellungnahme, in der der Antrag abgelehnt wird. Als Gründe wurden der Generalverkehrsplan und der Landesentwicklungsplan genannt, die beide Lahr nicht als Verkehrsflughafen vorsehen. Der Antrag sei nicht genehmigungsfähig und widerspreche öffentlichen Interessen, hieß es weiter. Die durch ein Gutachten der Antragsteller berechneten Bedarfszahlen seinen nicht ausreichend belegt, außerdem könnten auf das Land Folgekosten wegen der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zukommen.

Die Flughafenbetreiber wollen diese Entscheidung der Landesregierung nicht hinnehmen. Sollte das Regierungspräsidium Freiburg den Antrag ablehnen, will man beim Verwaltungsgerichtshof klagen und Beschwerde bei der EU-Kommission einlegen. Die Flughafengesellschaft sieht in dem Votum der Landesregierung einen Versuch, einem privaten Unternehmen den Zugang zum Markt zu verwehren, um damit das Überleben des staatlichen Flughafens in Söllingen/Baden-Baden zu sichern: "ein solcher Protktionismus ist nicht hinnehmbar". Kritisiert wird von Plane Station insbesondere die Doppelfunktion von Verkehrsminister Ulrich Müller (CDU), der über den Antrag zu entscheiden hat, zugleich aber Aufsichtsratschef in Söllingen ist. Plane-Station-Anwalt Frank Grell: "Der Minister hatte bei seiner Entscheidung den Hut des Aufsichtsratsvorsitzenden auf."

Für die Parteien könnte das Thema zur Zerreißprobe werden. Die Liberalen in Lahr drohen nach dem Nein aus Stuttgart damit, noch vor dem Kommunalwahlkampf die FDP zu verlassen und sich neu zu orientieren.



Die Pressemitteilung der Landesregierung vom 30.03.2004 zum Flughafen Lahr im Original:

Antrag der Black Forest Airport Lahr GmbH ist nicht genehmigungsfähig
Stellungnahme der Landesregierung geht jetzt an das Regierungspräsidium Freiburg.

Das Kabinett hat in seiner heutigen Sitzung die Gemeinsame Stellungnahme des Umwelt- und Verkehrsministeriums, des Wirtschaftsministeriums und des Innenministeriums zum Antrag der Black Forest Airport Lahr GmbH auf Genehmigung des Betriebs eines Verkehrsflughafens gebilligt. Die Stellungnahme werde jetzt dem für das Genehmigungsverfahren zuständigen Regierungspräsidium Freiburg übersandt.

Nach Meinung der Landesregierung ist der Antrag nicht genehmigungsfähig, weil die Voraussetzungen für eine Genehmigung nicht vorliegen und der Antrag insbesondere öffentlichen Interessen widerspricht. Zur Begründung wurde in der 28-seitigen Stellungnahme insbesondere auf Folgendes hingewiesen:

Im Rahmen der Entscheidung ist auch der Bedarf für einen Verkehrsflughafen in Lahr zu bewerten. Dieser Bedarf ist regelmäßig vom Antragsteller durch die Vorlage einer verkehrswissenschaftlichen Studie darzulegen. Nach Auffassung des Umwelt- und Verkehrsministeriums steht einer Genehmigung vor allem entgegen, dass die von der Black Forest Airport GmbH vorgelegte Bedarfsuntersuchung diesen Bedarf nicht nachweisen konnte. In dem Gutachten werden zum Teil wissenschaftlich nicht belegte Annahmen getroffen, Absaugeffekte bestehender Konkurrenzflughäfen nicht berücksichtigt oder die bestehenden bzw. in den nächsten Jahren zu erwartenden Hochgeschwindigkeitsverkehre auf der Schiene nicht in die Passagierprognose einbezogen. Darüber hinaus unterstellt die Untersuchung dem Flugplatz Lahr Potenziale für den Zielverkehr, ohne eine hinreichend begründete Basis für diese Potenziale darzulegen. In diesem Zusammenhang wird an das Ergebnis eines 1999 erstellten Gutachtens erinnert, in dem ausdrücklich festgestellt wurde, dass weder aus der Region noch für die Region ein ausreichendes Verkehrsaufkommen bestehe und sich im Umkreis einer Autostunde die Einzugsbereiche von Lahr mit Straßburg zu 93 %, mit Karlsruhe/Baden-Baden zu 62 % und mit Basel zu 43 % decken. Schließlich ist zu erwähnen, dass sich aus den Antworten der Ende September befragten Wirtschaftsunternehmen und Verbände kein von Fluggesellschaften umsetzbarer Bedarf für Linienflüge ab Lahr ableiten lässt.

Darüber hinaus waren auch die Aussagen der Landesplanung zu prüfen. Ergebnis der Prüfung ist, dass das Ziel der Antragstellerin, den Verkehrslandeplatz zum Verkehrsflughafen weiterzuentwickeln, dem erst im Sommer 2002 verabschiedeten Landesentwicklungsplan nicht zu entnehmen ist. In der Phase der Aufstellung des Landesentwicklungsplans ist auch keine Forderung nach Umwandlung des Verkehrslandeplatzes in einen Regionalflughafen erhoben worden. Auch steht der Generalverkehrsplan des Landes der vorliegend beantragten Genehmigung entgegen.

Im Generalverkehrsplan werden der Flughafen Stuttgart als Landesflughafen und die Flugplätze Friedrichshafen und Karlsruhe/Baden-Baden als Regionalflughäfen hervorgehoben. Lahr wird demgegenüber ausdrücklich als Verkehrslandeplatz bezeichnet und im Übrigen ausgeführt, dass für diesen Standort kein Bedarf für einen Regionalflughafen mit weitergehendem Regionalluftverkehr gesehen wird. Diese Aussage des Generalverkehrsplans gilt nach wie vor. Die vorgelegte Bedarfsuntersuchung vermag diese Bewertung nicht zu erschüttern.

Schließlich sprechen auch fiskalische Belange gegen eine Erteilung der beantragten Genehmigung. Mit einer Aufstufung des Verkehrslandeplatzes Lahr zum Verkehrsflughafen würden die Aufgaben des Landes im Bereich der Luftaufsicht erheblich zunehmen. Unabhängig davon ist mit ungedeckten Kosten für die von der Landespolizei durchzuführenden Passagier- und Gepäckkontrollen zu rechnen. Eine Belastung des Landeshaushalts ist damit wahrscheinlich.
Zum Fortgang des Verfahrens wird darauf hingewiesen, dass das Regierungspräsidium Freiburg nunmehr zu einem Erörterungstermin einladen wird, in dem die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und die Einsprüche Privater gemeinsam mit der Antragstellerin behandelt werden. Im Anschluss daran wird das Regierungspräsidium die Entscheidung zum Antrag der Black Forest Airport GmbH treffen.

Die Bildrechte werden in der Online-Version angegeben.For copyright notice look at the online version.

Bildrechte zu den in diese Datei eingebundenen Bild-Dateien:

Hinweise:
1. Die Bilder sind in der Reihenfolge ihres ersten Auftretens (im Quelltext dieser Seite) angeordnet.
2. Beim Anklicken eines der nachfolgenden Bezeichnungen, wird das zugehörige Bild angezeigt.
3, Die Bildrechte-Liste wird normalerweise nicht mitgedruckt,
4. Bildname und Rechteinhaber sind jeweils im Dateinamen des Bildes enthalten.