GRÜNE: Beim Nachtflugverbot keine Kompromisse
Frank Kaufmann zur Regierungserklärung "Hessen braucht starke Flughäfen" von MP Koch
Von: @Grüne im hessischen Landtag <2008-08-26>
Bei der Regierungserklärung "Hessen braucht starke Flughäfen" geht es Roland Koch nur darum, das Problem seines drohenden Machtverlustes zu lösen, meint Frank Kaufmann

PRESSEMITTEILUNG der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag vom 26. August 2008

Roland Koch hat gemerkt, dass es eng wird, dass seine geschäftsführende Regierung eine auf Abruf ist und der Absturz doch schneller kommen kann, als gedacht. Und deshalb gilt es für ihn, alles Gesäusel von neuer Zusammenarbeit, von parlamentsfreundlichem Verhalten der Regierung, erst recht die Lobeshymnen auf politisch plötzlich so vernünftige GRÜNE, das Schwärmen von der Schönheit der Karibik und was wir sonst noch so erleben durften in den letzten Wochen, über Bord zu werfen und in die Schlacht zu ziehen: Hessen als Musterland der erneuerbaren Energien wird wieder beerdigt und stattdessen hören wir heute, dass Hessens Zukunft in der Luft liegt, dass die klimaschädlichste Form der Mobilität jetzt der neue Heilsbringer für unser Land sein soll. Dafür wird sogar eine Regierungserklärung bemüht, obwohl die Regierung zum Thema Flughafenausbau eigentlich überhaupt nichts Neues zu erklären hat; zwei Planfeststellungsbeschlüsse sind von ihr erlassen und liegen zur Zeit vor Gericht. Die Absicht, diese PFB wieder zu ändern - was nach unserer GRÜNEN Auffassung dringend geboten wäre - haben wir leider nicht gehört, so dass die Regierungserklärung inhaltsleer und damit vollständig überflüssig war.

Es geht Koch allerdings ja auch gar nicht um den Flugverkehr und um die Lösung von Mobilitätsproblemen, sondern es geht ihm einzig und allein darum sein Problem des drohenden Machtverlustes zu lösen und dazu versucht er, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen insbesondere der SPD zu verunsichern, damit er den eigenen Crash verhindern und den Absturz des Projekts einer rot - GRÜNEN Regierung bewirken kann.

"Ein starkes Hessen braucht starke Flughäfen" - so der Titel der Erklärung, ein Titel der uns mal wieder beweist, dass Regierungssprecher Dirk Metz seine kreativen Tage lange hinter sich hat. Hessen hat einen einzigen Flughafen, alles Übrige sind Luftlandeplätze, es klingt natürlich nicht gut, wenn man für unser Land starke Luftlandeplätze fordert, dann schreibt Dirk seinem Chef doch lieber wohl klingenden Unfug auf.

Zunächst sprechen wir jetzt über den Flughafen Frankfurt, dessen Ausbau von der Landesregierung genehmigt wurde und dabei entgegen aller vielfach wiederholten Versprechungen von Roland Koch, von der CDU und vielen anderen, die einen Ausbau wollen, das Nachtflugverbot - das ist eine tatsächliche nächtliche Betriebsruhe - als Ausgleich für wachsende Belastungen nun doch nicht eingeführt wird. Der Wille der Minderheitsregierung Koch ist es also, höherer Belastung durch Emissionen und insbesondere durch Fluglärm für die Bevölkerung im Rhein-Main- Gebiet den Weg zu ebnen, ohne die versprochene Kompensation zu geben. Sie erinnern sich alle an die Koch'schen Worte zum Nachtflugverbot:

Die Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens erwarten zu Recht einen wirksamen Ausgleich für zunehmende Flugbewegungen am Tage und deshalb bin ich in dieser Frage zu keinerlei Kompromissen bereit. Ein Nachtflugverbot wird zwar in der Tat nicht von allen Beteiligten begrüßt, weshalb dessen Umsetzung auf Widerstände stoßen wird. In Anbetracht der geltenden Rechtslage sehe ich jedoch keine grundsätzlichen Hindernisse, die der Einführung des Nachtflugverbots im Wege stehen könnten. (28.06.2002)

Ich frage insbesondere in Richtung CDU und FDP, wenn das Nachtflugverbot, was eindeutig als Voraussetzung für jedweden weiteren Ausbau zugesagt wurde, nun einfach weggelassen wird, ist dies eine Stärkung oder eine Schwächung des Flughafens? Es ist doch zumindest eine absolute Katastrophe, was die Glaubwürdigkeit der Landesregierung angeht - man könnte süffisant anmerken es sei nicht die einzige in dieser Hinsicht, aber es ist doch genauso ein massiver Vertrauensverlust für die Fraport AG, die selbst ein (wie auch immer kastriertes) Nachtflugverbot beantragt hatte und nun interessanterweise klaglos dessen Beseitigung sich zu nutze macht. Ich glaube nicht, dass es ein Unternehmen stärker macht, wenn es bei seinen Nachbarn und in weiten Teilen des Publikums sein Vertrauen so radikal verspielt hat, wie das bei Fraport jetzt der Fall ist. Für uns GRÜNE klingt deshalb auch der Begriff "starker Flughafen" wie reiner Hohn.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Hessen haben von Anfang der Debatte im Jahr 1997 an, also seit knapp 11 Jahren durchgängig und immer wieder klar und eindeutig erklärt, dass wir den Ausbau des Flughafens in Frankfurt für einen massiven Wortbruch gegenüber dem halten, was über Jahre und auch schriftlich im letzten Planfeststellungsbeschluss fixiert wurde: der Verzicht auf eine weitere Start- oder Landebahn. Und dass wir einen Ausbau in Frankfurt über das bestehende Areal des Flughafens hinaus ablehnen. Darüber hinaus fordern wir ebenfalls seit Jahren eine Reduzierung der Lärmbelastung der Menschen, die rings um den Flughafen leben, insbesondere eine nächtliche Betriebsruhe. Es ist überhaupt nicht einsichtig, dass das, was an anderen internationalen Flughäfen selbstverständliche Regel ist, ausgerechnet in Frankfurt nicht gelten können soll.

Zum Flugplatz Kassel-Calden

Der Flugplatz Kassel-Calden ist im Flughafenkonzept der Bundesregierung als Flugplatz mit sonstiger Funktion und weniger als tausend Bewegungen in den Jahren 2004 und 2005 verzeichnet. In der Liste der Regionalflughäfen sucht man ihn vergeblich. Nicht nur wir GRÜNE, auch völlig unverdächtige Betrachter und Kenner der Luftverkehrswirtschaft warnen eindringlich davon, durch Aus- bzw. Neubau von Flugplätzen weitere Investitionsruinen in die Landschaft zu setzen. Kassel-Calden ist ein Projekt, das sich überhaupt nicht unter wirtschaftlichen Aspekten rechtfertigen lässt, sondern allein der Hybris einer unheiligen Allianz von örtlichen Wahlbeamten und der Landesregierung entsprungen ist. Die Zahlen sind selbst in optimistischen Varianten derart niederschmetternd, dass das Projekt sich als reine Geldverbrennungsanlage darstellt. Jetzt sagen Sie bitte nicht, dass auch der VGH dies anders sähe, eine Prüfung seiner Entscheidungen zum Planfeststellungsbeschluss zeigt, dass die Richter sich mit dieser Frage nicht weiter befasst haben, weil sie explizit eine betriebswirtschaftliche Rechtfertigung für nicht erforderlich hielten.

Viele Aussagen von Politikern über die Entwicklung der Luftverkehrswirtschaft in Deutschland haben schon lange den Charakter von rituellen Beschwörungen mit WooDoo-Zauber; sie m. D. u. H. von CDU und FDP sollten sich endlich mal mit den ökonomischen Realitäten befassen. Weltweit gibt es praktisch keine Fluggesellschaft mehr, die nicht mit deutlichen Gewinnwarnungen oder prognostizierten Verlusten sich melden musste - egal ob es eine führende Gesellschaft wie die Lufthansa oder ein kleiner regionaler Carrier ist. Knallhartes Kostenmanagement ist all überall das Gebot der Stunde. Und unter dieser Perspektive erwarten sie ein attraktives Angebot in Calden. Es sind in der Vergangenheit doch schon diverse Versuche in Calden z. B. mit Ferienflugangeboten am Markt gescheitert. Nach diesen Erkenntnissen dürfte auch nur ein Ferienflugangebot in Calden ohne dauerhafte Subventionierung zu haben sein, die übrigens nach EU-Recht verboten ist.

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